Hintergrundthema zum ProSieben-Thriller „Experiment Bootcamp“


Bootcamps in den USA – 120 Tage Drill im Lager gegen vier Jahre Knast im Tausch


Seit den 80er Jahren gibt es in den USA rund 50 Bootcamps. Bei den so genannten „Umerziehungslagern“ handelt es sich um die härteste Form des amerikanischen Strafvollzugs. Für die Insassen bedeutet ein Aufenthalt im Bootcamp vier Monate Demütigungen, militärischer Drill und Schikanen im Tausch gegen jahrelange Haftstrafen.

Spätestens bei der Ankunft im Bootcamp wird den Gefangenen klar: Sie sind für 120 Tage in der Hölle gelandet. Den meisten von ihnen war vorher nicht bewusst, dass sie sich auf einen wahren Albtraum eingelassen haben. Die Häftlinge geben ihre Identität für die kommenden vier Monate komplett auf, es existieren keine Namen mehr – im Bootcamp sind sie nur noch Insassen. Es gelten knallharte Regeln: Weder Widerspruch noch unerlaubtes Reden werden geduldet. Bei Missachtung der Regeln drohen harte Strafen, wie z.B. acht Stunden täglich mit einem 50 Kilogramm schweren Baumstamm auf den Schultern um den Platz laufen. Oft erleiden die Insassen Zusammenbrüche und wollen freiwillig wieder zurück ins Gefängnis. Die so genannten „Quitter“ (drei bis vier von 20 Insassen geben vor Ablauf der vier Monate auf) werden vor ihrer Rückkehr ins Gefängnis zwei Tage mit dem Kopf gegen die Wand an den Pranger gestellt und damit der Verspottung der anderen Insassen preisgegeben. Wohlgemerkt: Bei den Gefangenen handelt es sich keinesfalls um Schwerverbrecher, sondern hauptsächlich um Diebe, Einbrecher und Drogendealer, die gedrillt und gebrochen werden sollen. Das Motto der Bootcamps lautet: „Unser Wille steht gegen Euren Willen, und wir werden gewinnen!“

1983 wurde das erste Bootcamp in den USA gegründet. Mittlerweile gibt es landesweit rund 50 so genannte „Umerziehungslager“. Sie basieren alle auf der Tradition der amerikanischen Armee und sind letztendlich die rettende Idee gegen die überfüllten Gefängnisse. Außerdem entlasten sie die Gemeindekassen und Steuerzahler. Ein Gefangener schlägt im herkömmlichen Gefängnis im Durchschnitt mit 17.000 US-Dollar pro Jahr zu Buche. Im Bootcamp kostet der Aufenthalt hingegen nur 6000 US-Dollar, und es können pro Jahr dreimal so viele Straftäter aufgenommen werden. Außerdem sind die Camps in den umliegenden Gemeinden und Städten sehr beliebt, da die Insassen umsonst harte Arbeiten erledigen.


In der Zwischenzeit gibt es auch einige Frauenabteilungen. Für die Wärter ist der Umgang mit Frauen leichter, da diese viel schneller zusammenbrechen. Oft lässt sie nur der Gedanke an ihre Kinder die 120 Tage überstehen. Von zehn Frauen geben drei in der Regel auf und verlassen das Bootcamp, um die restliche Strafe im Gefängnis abzusitzen.

Die Bootcamps stoßen häufig auf Kritik. Noch gibt es keine Beweise, dass sie den Gefangenen langfristig helfen. Psychologen sind der Meinung, dass in den Bootcamps unterwürfige Menschen mit Unterlegenheitskomplexen gezüchtet werden, und die Gefangenen in Freiheit nicht in der Lage sind, eine produktive Rolle in der Gesellschaft zu spielen.



Weitere Infos:

- PDF mit Infos zur Ausstrahlung (1,8 MB)


- interaktive Powerpoint-Präsentation mit vielen Fotos und Kritiken (1,4 MB)


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